Grußwort
der Integrationsbeauftragten des Bezirks Tempelhof-Schöneberg, Berlin,
zum XXX. Black International Cinema Berlin 2015
Unsere Welt ist keine “heile” Welt. Sie war es noch nie. Krisen und Kriege
zwangen und zwingen Menschen dazu, ihr Zuhause, ihre Familien und Freunde zu
verlassen. Weltweit sind mehr als 50 Millionen Menschen auf der Flucht. Mehr
als die Hälfte dieser Menschen flüchten innerhalb ihres eigenen Landes, ohne
dabei internationale Landesgrenzen zu überschreiten. Neun von zehn
Flüchtlingen leben in so genannten Entwicklungsländern, da die meisten
Flüchtlinge lediglich in ein angrenzendes Nachbarland fliehen.
Nach Europa kommt nur ein Bruchteil der Menschen, die flüchten. Laut UNHCR
suchen nur vier Prozent der Geflüchteten Zuflucht in Europa. Eine Flucht
nach Europa ist nicht nur teuer, sie ist auch gefährlich. Mit einem enormen
Aufwand macht Europa seine Grenzen dicht – und zwingt Flüchtlinge auf oft
tödliche Routen.
Und doch wird immer wieder behauptet, Europa würde eine zu große Last
tragen, und es ist von “Strömen” und “Wellen” die Rede. Schauen wir uns die
Zahlen genau an, sehen wir sehr schnell, dass wir davon weit entfernt sind.
In Bayern kommt ein Flüchtling auf 305 Einwohner, in Jordanien ist das
Verhältnis 1:11.
Oft werden Fluchtgründe angezweifelt. Für die Meisten von uns, die wir uns
noch nie mit dem Gedanken auseinandersetzen mussten, heimatliche Wurzeln,
Familienangehörige und vielleicht sogar Kinder hinter sich zu lassen und in
eine auch bedrohliche Ungewissheit zu fliehen – ist diese Not nicht nur
schwer vorstellbar, sie ist unvorstellbar. Für uns, die wir in Frieden und
Wohlstand leben, ist es aber ein Gebot der Menschlichkeit, in religiöser
Nächstenliebe oder atheistischer Solidarität Unterstützung zu zeigen.
Die Form der Nächstenliebe oder gelebten Solidarität hat unterschiedliche
Gesichter, sie kann u.a. politisch, rechtlich, nachbarschaftlich, aber auch
kulturell sein.
Kultur ist durch eine Vielfalt möglicher Identitäten gekennzeichnet und hat
grenzüberschreitende Konturen. Kultur kann Bilder und Geschichten
transportieren und die Liebe, aber auch den Hass auf dieser immer näher
aneinander rückenden Welt sichtbarer machen.
Grenzüberschreitend agiert auch das Black International Cinema Berlin
Festival. Seit vielen Jahren bereicherte es das Rathaus Schöneberg mit
seinem vielfältigen Programm. In diesem Jahr konnten wir diesem Festival auf
Grund von Umbauten keinen Raum geben. Wir bleiben aber dem Black
International Cinema Berlin Festival treu und freuen uns, dabei sein zu
können.
“Kreativität kann man nicht aufbrauchen, je mehr man sich ihrer bedient,
desto mehr wächst sie.” (Maya Angelou)
Das Black International Cinema Berlin wächst auch, es wird älter und
kreativer mit jedem Jahr.
Ich freue mich, immer wieder zu sehen, wie groß das Engagement für das Black
International Cinema Berlin ist. Ich bedanke mich für diese beispielhafte
Veranstaltungsreihe bei allen Beteiligten und wünsche den Gästen viele
interessante Eindrücke und einen aktiven Austausch.
Gabriele Gün Tank
Integrationsbeauftragte des Bezirks Tempelhof-Schöneberg, Berlin/Deutschland